McGowan: HMS Victory

Titel: HMS HMS Victory

Autor: Alan McGowan

Verlag: Caxton Editions

ISBN: 1840675322

Umfang: 222 Seiten

 

Alan McGowan : HMS Victory: Her Construction, Career and Restoration. Zeichnungen von John McKay. Erstauflage 1999 Chatham Publishing, das besprochene Buch ist 2003 bei Caxton Editions erschienen. 220 Seiten, viele Fotos und Gemäldeabbildungen, einige davon farbig, 90 Seiten technischer Zeichnungen.

Dieses Buch kann wohl als so etwas wie die offizielle Chronik der Instandsetzungsarbeiten an der Victory, dem berühmten Flaggschiff Nelsons, bezeichnet werden. Der Autor McGowan war 20 Jahre am National Maritime Museum tätig und ist nun Chairman des Victory Advisory Commitee. Der Zeichner McKay hat bereits 1987 ein eigenes Buch über die Victory herausgebracht und erstellte für das vorliegende neue Zeichnungen.

Gliederung des Buchs:

Das 1. Kapitel ist eine allgemeine Einführung in die Geschichte der Royal Navy im 18. Jahrhundert (7 Seiten) , das 2. Kapitel befaßt sich mit Bau und Unterhaltung der Victory von 1758 bis 1805 (11 Seiten), das 3. Von Trafalgar bis ins Trockendock 1805- 1922 (11 Seiten), das 4. Restauration und Reparatur 1922-64(11 Seiten), das 5. "Vervollständigung" der großen Reparatur 1964-2000 (30 Seiten), 6. Ausblick auf die künftig zu verrichtenden Arbeiten.(4 Seiten) Unter 7."Aspects of Restoration" sind verschiedene interessante Dinge versammelt z.B. zu den Booten, Ankergeschirr, Takelung, Schädlingen, Techniken und Methoden der Instandhaltung und Restaurierung usw. (44 Seiten)

Zum Textteil

Die geschichtliche Einführung zur Royal Navy des 18. Jhdts ist knapp, aber nicht schlecht.
Die Baugschichte der Victory bis 1805, der Zeit also, in der die Victory regelrecht Geschichte machte, ist äußerst mangelhaft und oberflächlich und bleibt in mancher Hinsicht vielleicht gar hinter der tabellarischen Übersicht im 1987er McKay-Buch zurück. Eine solche tabellarische Übersicht wäre hilfreich gewesen, so sind Angaben auch über frühere Umbauten über das ganze Buch verstreut.
Insgesamt liegt der Schwerpukt der Text-Darstellung eindeutig auf den Jahren 1964- 2000 und beinhaltet hochinteressante Informationen über die Restaurierung, die sonst in derart kompakter Form nicht erhältlich sind (das Buch von Bugler, das im vorliegenden Band häufig zitiert wird, reichte ja nur bis in die 1960er Jahre und ist kaum mehr erhältlich), und die Fotos, Tabellen und Diagramme zu den Restaurationen sind sehr aufschlußreich. Selbstverständlich wird auch im Restaurierungsteil neben den aktuellen Methoden immer wieder auf historische eingegangen.

Zu den Zeichnungen:

Am eindrucksvollsten sind dann die folgenden 90(!) Seiten hervorragender Zeichnungen von John McKay. Es sind neu angerfertigte Zeichnungen, sie stammen also nicht etwa aus seinem eigenen Buch der Conway Maritime Reihe "Anatomy of the Ship" - Reihe von 1987 (Neuauflage Oktober 2004), und es ist manches enthalten, was im 1987er Buch nicht vorhanden war, da sind an vor allem die Segelrisse zu nennen.
Sämtliche Decks sind einzeln perspektivisch gezeichnet. Diese Darstellungsweise gibt einen unvergleichlichen Einblick ist Innenleben des Schiffs. Es gibt Pläne der Bekupferung des Unterwasserschiffs, Beplankung, exemplarische Zeichnungen verschiedener Typen von Spanten und Decksbalken und ihres Zusammenbaus, Details zu Takelage, Kanonen, Booten, Pumpen und anderen Ausrüstungsteilen.
Als großen Vorteil betrachte ich, daß im Vergleich zu McKays 1987er Buch ein Spanten- und Wasserlinienriß traditioneller Machart vorhanden ist, auf dem McKay im vorgenanntem Buch verzichtet hatte, vermutlich weil er da den Rumpf in etlichen Stationen, bzw Querschnitten gezeichnet hatte, was für den Gesamteindruck allerdings etwas unübersichtlich war.
Ein detailsüchtiger Modellbauer wird allerdings dennoch nicht auf das 1987er Buch verzichten können, das, abgesehen von den Segeln, z.B. die Takelage systematisch zeigt. Störend an den Zeichnungen im vorliegenden Buch ist, daß sie weit weniger gründlich beschriftet sind als in McKay 1987, auch das ein Grund, weshalb das ältere Buch als Ergänzung nützlich ist. Vom Heckspiegel ist im Buch leider nur eine perspektivische Ansicht vorhanden, allerdings befindet sich auf dem Nachsatzblatt eine groß gedruckte, nicht bemaßte und wohl eher dekorativ gedache Zeichnung des Hecks.
Das Spantwerk wird im McKay 1987 systematisch und komplett gezeigt, im vorliegenden Band hingegen in einer Seitenansicht nur das Unterwasserschiff, dann perspektivisch Bug und Heck sowie die vorgenannten Details.
Zu den Grundlagen der Zeichnungen, d.h. inwieweit sie sich auf vorhandene Originalpläne stützen und nach welchen Angaben beispielsweise der Segelriß rekonstruiert wurde, werden leider keine Angaben gemacht.

Insgesamt konzentriert sich der zeichnerische Teil vollständig auf die Nelson-Jahre. Man hielt es nicht für nötig, vorhandene Originalpläne der Victory abzudrucken. Das ist mir absolut unverständlich. Im ganzen Buch gibt es leider kaum Darstellungen, die das Schiff vor 1805 zeigen: Aus den ersten 40 Jahren ihrer Existenz 1765-1805 - und das war die längste Zeit ihrer aktiven Laufbahn, die Zeit, in der die Victory praktisch selbst Geschichte "machte" - nur zwei Bilder. Historische Quellen aus der frühen Zeit des Schiffes in Form von Plänen oder Dokumenten gibt es im Buch nicht.
Es ist absolut widersinnig, rekonstruierte Pläne - und nichts anderes sind sämtliche seit den 1920ern entstandenen Victory-Pläne, und seien sie noch so schön gezeichnet - über historische Pläne zu stellen, ja letztlich das historische Dokument in diesem Buch völlig zu ignorieren.
Für den Modellbauer, der ein Baukastenmodell seiner "Trafalgar-Victory" verfeinern möchte, ist das vielleicht gleichgültig; ebenso für Leser, die sich nur ganz allgemein über ein Linienschiff der Epoche informieren möchten. Dennoch ist die mit dem Buch und besonders den Zeichnungen vorgelegte Darstellung zu sehr auf eine sehr kurze Zeitspanne (1803-1805) verengt, wie es auch auf den "Anatomy of the Ship"-Band über die Victory der Fall ist. Trotz der Schwächen ist das Buch aufgrund er anschaulichen Zeichnungen und der textlichen Darstellung der neueren Restaurierungsarbeiten zu empfehlen.