England - Greenwich - National Maritime Museum

Östlich von London, direkt an der Themse gelegen, schlägt, beziehungsweise tickt, das Herz der britischen Marine. Im Stadtteil Greenwich findet sich auf historischem Boden das größte Marinemuseum der Welt. Die Sammlung des National Maritime Museum dürfte einzigartig sein und jeden Aspekt des Zeitalters der Segelschiffe beleuchten. Aber die Gebäude, in denen die Exponate untergebracht sind, haben selbst Geschichte geschrieben oder dienten als Schauplatz für bedeutende Ereignisse der Marinegeschichte. Somit ist das NMM für Experten und Interessierte des Seekriegs gegen Napoleon die wichtigste Anlaufstelle um sich dem Thema zu nähern.

Das Royal Greenwich Observatory diente als Arbeitsplatz für die königlichen Hofastronomen. John Flamsteed war der erste Astronomer Royal und sammelte in seiner Laufbahn Informationen Daten über rund 2.800 über England sichtbaren Sternen. Mit Hilfe der Sterne versuchte man auch das Problem der Längengradmessung in den Griff zu bekommen. Der Mittelpunkt des Teleskops im Observatorium ist der Ausgangspunkt des Nullmeridian von Greenwich. Er kann auf dem Boden vor dem Gebäude und an der Fassade betrachtet werden.

Aber das Observatorium erfüllte seinen Zweck nicht vollständig. Die exakte Bestimmung der Position eines Schiffs anhand der Gestirne funktionierte nicht, wenn Wolken die Sicht behinderten. Es sollte noch viele Jahrzehnte dauern, bis ein Tischler das Problem löst.

John Harrison, der sich das Bauen von Uhren selbst beibrachte, entwickelte 1753 sein Modell H4. Diese Uhr arbeitete mit einem völlig neuen Antriebsmechanismus, welches sich noch heute in den meisten mechanischen Chronometern findet, und war genauer als alle bis dahin gebauten Uhren. Als James Cook 1775 von seiner zweiten Weltreise heimkehrte und die Genauigkeit der Uhr bestätigte, galt das Längenproblem endlich als gelöst. Die verschiedenen Modelle und Entwürfe von Harrisons Uhren (H1 bis H4) können im Observatorium besichtigt werden.
Die Greenwich Mean Time (GMT), die mittlere Sonnenzeit am Nullmeridian, diente fortan allen britischen Navigatoren als Richtzeit um ihre relative Position zu bestimmen. Bis 1884 besaß fast jedes Land seinen eigenen Nullmeridian. Auf einer internationalen Konferenz in Washington, wurde der Nullmeridian von Greenwich am 14. Oktober 1884 als Internationaler Meridian festgelegt. Auf dem Dach der Sternwarte wurde 1833 die Zeitkugel installiert. Jeden Tag um 13:00 Uhr Greenwich Time fällt der rote Ball als optisches Zeichen herab und die Schiffe auf der Themse konnten ihre Schiffschronometer auf die exakte Zeit einstellen. Seit 1996 zeichnet nachts ein Laserstrahl den Nullmeridian in den Himmel und teilt die Erdkugel in eine östliche und westliche Hälfte.

Das „Queen‘s House” wurde von Inigo Jones zwischen 1616 und 1635 errichtet. Das königliche Schloss gehört zu den wichtigsten Gebäuden der britischen Architekturgeschichte. Jones brachte mit dem ersten reinen klassizistischen Entwurf die Italienische Renaissance nach England.
Heute finden sich Gemälde mit maritimen Motiven oder von bedeutenden Persönlichkeiten der Seefahrtsgeschichte in dem Gebäude.

Zwischen 1696 und 1752 wurde das „Queen’s House“ in den Neubau des „Greenwich Hospitals“ integriert. In dem von Sir Christopher Wren entworfenen Komplex sollten die Veteranen der Royal Navy untergebracht werden. Die ersten Entwürfe des Marinehospitals sahen nicht vor, dass die beiden Flügel unterbrochen wurden. Doch es gab erhebliche Proteste gegen die Entwürfe, denn der Blick vom „Queen’s House“ auf die Themse sollte nicht verbaut werden.

In der „Painted Hall“ kann der Höhepunkt der englischen Barockmalerei betrachtet werden. In dieser Halle wurden die Veteranen von Offizieren bedient. Damit sollte symbolisch der Dank der Offiziere für die Seeleute dargestellt werden. Doch die neuen Bewohner fühlten sich in all der Pracht nicht wirklich wohl. Wer sein ganzes Leben unter widrigsten Umständen an Bord eines Segelschiffs gelebt hatte, konnte sich nur schwer an diese Pracht gewöhnen. Es dauerte nicht lang und die Veteranen wurden in „gemütlicheren“ Gebäuden untergebracht.

1937 wurde das „National Maritime Museum“ durch König George VI. eröffnet. Heute beherbergt es etwa 2 Millionen Exponate und ist möglicherweise das größte Museum für Seefahrtsgeschichte in der Welt. Nelsons Uniform aus der Schlacht von Trafalgar kann in dem Museum betrachtet werden. Deutlich ist das Loch der französischen Kugel zu erkennen, die ihm wenig später das Leben kostete. Nelson Kampf gegen Napoleon ist natürlich nur ein Schwerpunkt des Museums. Die Suche nach der Nordwest Passage, das Rennen zum Südpol sowie das traurige Kapitel des Sklavenhandels werden ebenfalls ausgiebig behandelt. Es werden nicht nur die Seehelden oder Entdecker betrachtet, auch das einfache Leben der Seeleute auf den Schiffen und die maritime Technik sind Teil des Museums. Mit rund einer Million Pläne, dürfte die Sammlung des Museums weltweit einzigartig sein. Begeisterte Schiffsbauer können Repliken der Originalpläne aus der Zeit der großen Segelschiffe

Eingebettet ist das Museum in den großen Park im Stil des französischen Barocks. 1997 wurde das gesamte Ensemble und der Park als „Maritime Greenwich“ in das Weltkulturerbe der UNESCO aufgenommen.